Sesamstraße präsentiert: Der Wolf und die zwei Geißlein.
Es war einmal ein großer, böser Wolf.
"So groß bin ich eigentlich gar nicht. Und böse bin ich auch nicht!"
Vor dem alle zitterten, weil er eine wilde Mähne und riesige Zähne hatte und auch noch eine schreckliche Stimme.
"Das mit der Stimme kommt nur vom Husten, weil ich nämlich so erkältet bin. Ach, ich klopf hier mal und frag nach ein bisschen Hustensaft. Hallo, ihr lieben Geißlein."
"Oh, der große, böse Wolf. Verschwinde, wir machen dir die Tür sowieso nicht auf!"
"Ja, aber ich bin doch eigentlich sehr nett."
"Deine Stimme klingt aber überhaupt nicht nett."
"Sie klingt wie ein rostiges Ofenrohr."
"Ja, aber ich kann doch nichts dafür. Ich bin erkältet und ich habe schlimmen Husten."
Der arme Wolf hatte wirklich einen schlimmen Husten und war sehr heiser. Doch niemand glaubte ihm.
"Wir glauben dir kein Wort."
"Du willst uns bestimmt nur fressen."
"Aber nein, niemals. Ich habe gar keinen Appetit. Ich bin viel zu erkältet. Aber, könnte ich nicht vielleicht ein bisschen Hustensaft von euch bekommen?"
"Ich weiß nicht. Was meinst du Bert?"
"Wir machen dir nicht auf. Wir haben viel zu große Angst vor dir. Erni, hast du abgeschlossen?"
"Ja, zwei Mal."
"So ist das immer. Immer haben alle Angst vor mir. Das macht mich wirklich sehr traurig."
"Ich bin ein Wolf und als Wolf bin ich immer alleine. Ich bin zwar stark und gefürchtet, doch komme ich nirgendwo rein. Früher war es schöner, da war ich noch klein. Da war ich niedlich und süß."
"Der war mal süß?"
"Kann gar nicht sein."
"Meine Mama war eine Wölfin und mein Papa war toll und der ganze Wald war von Freunden voll. Irgendwann wurde ich heißer und dann kam ich hier her und seitdem hat auf einmal jeder Angst vor mir. Ich bin heißer, das ist alles und es liegt mir ganz fern, etwas anderes zu wollen und ich will auch gar nicht stören, als vielleicht nur einen klitzekleinen Schluck Hustensaft."
"Och, der Arme!"
"Wer weiß, was der Saft mit ihm macht!"
"Alle laufen immer weg, nur wegen meiner Stimme. Ich bin immer so allein und nur weil ich so klinge. Ich bin heißer und ein Wolf. Da kann ich doch nichts dafür."
"Vielleicht können wir ihm ja helfen?"
"Erni, öffne nicht die Tür!"
"Ich kann nicht singen wie die Vögel und ich bin auch nicht hübsch wie ein Reh. Ich bin nicht niedlich wie die Hörnchen. Und egal wohin ich gehe, niemand will mit mir spielen oder ... Dabei fresse ich doch nur den, äh, dann, wenn ich Hunger habe."
"Hast du schon mal hingesehen? Er hat ganz große Zähne und guckt so schrecklich böse und mit dieser wilden Mähne sieht er so gefährlich aus."
"Das ist halt so bei Wölfen und wenn er wirklich Hilfe braucht, dann müssen wir doch helfen."
"Ich hab Angst."
"Ja, die hab ich auch."
"Ich hab schon Kreide gefressen und alles versucht. Nach Rezepten und meine Stimme gesucht. Nichts hat geholfen. Nur eins gibt mir Kraft: die Hoffnung auf euren Hustensaft. Ich hab es noch nie gesagt, noch nie so deutlich wie jetzt. Ich bin so traurig und ich fühle mich auch ein bisschen verletzt."
Und als er mit seinem sehr traurigen Lied fertig war, tat der große, böse Wolf ihnen sehr sehr Leid.
"Der arme Wolf. Er tut mir wirklich sehr Leid, Bert. Und dir?"
"Ja, Erni. Mir tut er auch wirklich sehr Leid."
"Also, ich mache jetzt die Tür auf."
"Bitte, hier ist dein Hustensaft."
"Danke schön! Ah, viel besser!"
"Oh ja, und du klingst auch schon viel netter als vorher."
"Ja, und ich hab gar keine Angst mehr vor dir, Wolf."
"Ja, herrlich und ich glaube, so langsam, krieg ich auf wieder Appetit. Was riecht hier eigentlich so gut?"
"Erniii"
"Bert"
"Hilfe, der will uns fressen!"
"Hey Leute, was ist denn los? Ich bin doch Vegetarier. Oh, das war's, was hier so lecker duftet. Brokkoli!"
