Dies ist Timm Thaler. Timm ist die Hauptperson unserer Geschichte. Er kann lachen wie kein anderer Junge seiner Klasse, deswegen verzeiht ihm seine Lehrerin auch manch verrückten Streich. Die Mädchen seiner Klasse meinen sogar, er sei ein Playboy, aber das sagen wohl alle Mädchen, wenn sie einen Jungen besonders gern mögen. Weil er so unwiderstehlich lachen kann, lassen sie ihn sogar abschreiben. Timm mogelt sich durch. Zugegeben, manchmal ist er ein wenig leichtsinnig.
Dies hier ist der Baron, die zweite Hauptfigur. Der Baron ist einer der wichtigsten Geschäftsleute auf der ganzen Welt. Sein Ruf ist, gelinde gesagt, zweifelhaft. Er soll hinterhältig, gemein, sogar teuflisch sein. Der Baron besitzt alles, was man auf der Erde kaufen kann. Nur eins nicht: ein freundliches Lachen. Und ohne ein freundliches Gesicht tut man sich sehr schwer im Umgang mit anderen Menschen.
BARON: Wer ist das?
CHAUFFEUR: Timm Thaler, 13 Jahre. Liebt seinen Vater über alles. Seine Mutter starb vor zwei Jahren. Vater wieder verheiratet. Stiefmutter ordentliche Frau, Herr Baron.
BARON: Timm Thaler. Ist er glücklich?
CHAUFFEUR: Bis in die schwarzen(?) Fingernägel hinein, Herr Baron.
BARON: Können wir ihn kaufen?
CHAUFFER: Für keinen Preis der Welt.
TIMM: Wiedersehen!
CHAUFFEUR: Es sei denn, wir nehmen ihm das Liebste, da wird ihm das Lachen vergehen und er wird leichter darauf verzichten.
...
CHAUFFEUR: Wie ich schon sagte, der Vater ist ihm das Liebste. Ist Fluglehrer.
BARON: Ein Beruf mit einem gewissen Risiko.
CHAUFFEUR: Geben Sie mir freie Hand?
TIMM: Papi!
VATER: Timm! Alter Räuber! Na du.
BARON: Faszinierendes Lachen dieses Jungen.
VATER: Oh! Ja, geht's?! Sag mal, du Strolch, wie geht's eigentlich in der Schule?
TIMM: In Mathe hab ich heute eine zwei bekommen.
VATER: Ausgerechnet in Mathe? Sohn, sag die Wahrheit!
TIMM: Uschi ist einfach klasse.
VATER: Ah, gehst du jetzt mit Uschi?
TIMM: Aber Vati, ich geh' doch mit Babsi!
VATER: Ah ja, richtig. Sie ist die beste in Latein.
TIMM: Richtig! Aber sie sieht auch so aus. Wer versetzt werden will, muss leiden.
VATER: Timm, ganz ehrlich. Ein Mann sollte sich für eine Frau entscheiden.
TIMM: Du hast Recht, Vati, absolut Recht. Aber ich hab nun mal Probleme in Mathe, Latein UND Englisch. Was soll ich machen?
VATER: Tja...
...
VATER: Toller Wagen, was?
TIMM: Findest du?
VATER: Nee.
TIMM: Komisch nur, dass er mir heute schon das zweite Mal über'n Weg fährt. Ich hab das Gefühl, der tut das mit Absicht.
BARON: Der Junge hat das Lachen, Anatol. Das Lachen, das Sympathien weckt, das die Herzen öffnet. Verstehen Sie, was ich meine?
ANATOL: Fast, Herr Baron.
BARON: Ein freundliches Lachen, das Vertrauen schenkt.
ANATOL: Sie sind der mächtigste Mann der Welt, Herr Baron. Was brauchen Sie Vertrauen, wo Sie befehlen können?
BARON: Vergessen Sie bitte nicht, dass mir von dieser Welt nur die schlechtere Hälfte gehört. Um die gute Hälfte zu bekommen, brauche ich...
ANATOL: Menschlichkeit? Wir sollten es noch einmal überprüfen.
Über diese seltsame Vulkaninsel lernt man in der Schule nichts. Sie gehört zu der Vielzahl von Inseln, die über Nacht aus dem Meer emporsteigen und irgendwann wieder versinken. Schiffe laufen diese Insel nur sehr selten und in geheimem Auftrag an. In der düsteren Vulkanasche gedeiht so gut wie nichts. Aravanadi scheint tot zu sein. Selbst die Vögel fliegen nur darüber hinweg. Dennoch: Auf Aravanadi, mitten in einen Vulkan gebaut, liegt Lunopolis, der geheime und höchst unzugängliche Hauptwohnsitz des Barons.
Der Baron hat diesen Platz gewählt, weil er sich im Höllenschlund eines Vulkans ein Paradies schaffen wollte. Von dieser Insel aus, ist der Baron mit der ganzen Welt verbunden, Tag und Nacht.
ANATOL: 44-12-AC, Ferdinand Lopos, Herzogenrath. 44-13-AB, Arndfried Schleiermacher aus Petersberg. 44-13-AD, Thiel Hitterer aus Gerabronn. Und jetzt eine neue Serie aus dem Bereich Großstadt.
BARON: Anatol. Sie sollten sich endlich einmal angewöhnen, in anderen, größeren Dimensionen zu denken. Ich brauche ein Lachen, dass zu meiner Physiognomie passt. ... Dieser - Timm Thaler - hat ein gutes, brauchbares Lachen. Es wird mir die Sympathien verschaffen, die ich haben will.
VATER: Weg, du blödes Vieh!
MUTTER: Timmi! Friedemann! Wer will noch Rote Grütze?
VATER/TIMM: Ich! ... Wir!
TIMM: Mutti!
VATER: Annegret (?)! Hast du dir weh getan?
MUTTER: Ach, dieses Scheiß-Skateboard!
VATER: Meins ist es nicht.
MUTTER: Ach nee...
VATER: Los, hol 'nen Aufwischlappen.
MUTTER: Ach was, hol lieber den Maler. Au! Wir sollten unseren Sohn mehr zu Ordnung anhalten.
VATER: Du hast ja Recht.
MUTTER: Ohne dieses blöde Skateboard hätten wir jetzt Rote Grütze.
VATER: Ja, die beste Grütze auf der Welt.
MUTTER: Außerdem hätten wir ein gepflegtes Haus.
VATER: Oh, mir gefällt's.
MUTTER: Weißt du, dass dein Sohne seine glänzenden Noten nur mit Abschreiben schafft?
VATER: Ach, bei mir war das genauso.
MUTTER: Hast du's so zum Piloten gebracht?
VATER: Mmh.
MUTTER: Und wie bleibst du dann in der Luft, wenn du immer nur gemogelt hast?
VATER: Mit Erfahrung, meine Liebe. Mit Erfahrung.
MUTTER: Prost.
TIMM: Halb so schlimm, Mutti. In Zukunft werd ich mein Skateboard in meinem Zimmer aufbewahren.
MUTTER: Na toll.
TIMM: Darf ich heute mit zum Flughafen, Vati?
MUTTER: Nein.
TIMM: Oh. Und wenn ich dreißig lateinische, unregelmäßige Verben lerne? Darf ich dann?
VATER: Heut nicht, ich hab drei Flugschüler.
TIMM: Wieder so Reiche?
MUTTER: Hoffentlich. Rote Grütze kostet nämlich auch Geld. Ganz zu schweigen von unserem neuen Haus.
TIMM: Seitdem wir in diesem Haus sind, wird nur noch von Geld geredet. Haben wir denn so viele Schulden?
MUTTER: Bis über beide Ohren. Dafür haben wir auch ein eigenes Haus.
TIMM: Aber wenn wir Schulden haben, dann gehört uns doch nichts.
VATER: Da hat er nun auch wieder Recht.
-
VATER: Sehr gut, Matteson. Sehr gut. Ausgezeichnet.
MATTESON: Danke. Sie haben mich ja auch genug mit Theorie gequält. Aber sehen Sie, in der Praxis geht eben doch alles leichter.
VATER: Achten Sie auf Kurs und Höhe. Und mehr Fahrt.
MATTESON: Was ist denn jetzt los?
VATER: Ah, der Motor ist ausgefallen.
MATTESON: Sind Sie verrückt?
VATER: Wir verlieren an Höhe. Was machen Sie jetzt?
MATTESON: Thaler, so tun Sie doch irgendwas!
VATER: Na, was schlagen Sie vor?
MATTESON: Ja, Notlanden!
VATER: Na dann tun Sie es doch!
MATTESON: Was denn? Ich?!
VATER: Ja, fangen Sie die Maschine ab. Ja, so ist es gut. Sehr gut sogar. Ja. Geben Sie jetzt dem Tower Bescheid.
MATTESON: M-mayday, Mayday, Mayday. Delta Echo Oskar Papa Uniform. Der Motor ist ausgefallen.
TOWER: Herzlichen Glückwunsch! Das erlebst du nicht alle Tage!
MATTESON: Sind Sie verrückt? Ich werd euch alle verklagen!
VATER: Ruhig Blut. Und jetzt machen wir 'ne schöne Bilderbuch-Landung.
MATTESON: Ja.
VATER: Höhenruder. Einpendeln, einpendeln. Und Gas. Nicht Schiffsschaukel spielen, ganz ruhig bleiben, Matteson. ... Sehr gut! Herzlichen Glückwunsch! Äh, wann sehen wir uns vor Gericht?
MATTESON: Danke. Ein wunderbarer Flug. Hoffentlich hat meine Frau alles fotografiert.
FRAU: Bravo! Bravo, Karl, o Bravo! Du warst fabelhaft, komm, du warst fabelhaft! Mein Karl. Oh, Vorsicht, ooooh, hast du dir weg getan?
MATTESON: Dankeschön.
FRAU: Ach du lieber Himmel.
MATTESON: Was will denn der hier?
BARON: Ihre erste Flugstunde?
MATTESON: Aller Anfang ist schwer.
