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Equis
Complete / 1713 Words
by Rengaw 0:07 - 11:48

Herzlich Willkommen zu die Filmanalyse! Heute mit Angry Birds von Clay Kaytis und Fergal Reilly. Die elende Gamifizierung macht natürlich auch vor dem Kino nicht Halt. Und der jüngste Streich dieser bedenklichen Entwicklung ist die Verfilmung des Spiels Angry Birds. Angry Birds einfach als ein lausig schlechten Film zu bezeichnen, stimmt zwar, aber damit macht man es sich etwas zu einfach. Denn der Film ist, teils freiwillig teils unfreiwillig, hoch interessant und auch in gewisser Weise noch ein Epilog zu Star Wars. Zunächst, wer hat dieses Spiel nicht gespielt? Dieses verrückte Spiel, bei dem man mit einer Schleuder Vögel auf Schweine schießt. Ich zum Beispiel, aber dennoch ist dieses Spiel sehr populär. Jung und Alt über die Kontinente hinweg, überall spielt man dieses erstmals 2009 erschienene Computer Game. Auch der Film richtet sich keineswegs nur an Kinder sondern adressiert in den Dialogen ganz klar ein erwachsenes Publikum. Zudem gibt es viele popkulturelle Referenzen aus den 70er (siebziger) Jahren, die ein Kind gar nicht verstehen kann. Die gefiederte Hauptfigur des Films ist Red. Er lebt zusammen mit vielen anderen bunten Vögeln auf einer Insel, die an gewisse Viertel in gewissen Großstädten erinnert. Man ernährt sich gesund. Regelt übereifrig den Verkehr. Bietet Yoga-Kurse an und denkt positiv und man kann sich auch Umarmungen kaufen. Red, jedoch, kann mit diesem Dauer-Optimismus wenig anfangen. Er ist ein wütender Vogel. Er hat immer eine Wut in sich und die muss natürlich wegtherapiert werden. Er bekommt eine Therapie verordnet, wo er dann ein gelassener, ausgeglichener Bürger wird. Eines Tages aber nähert sich ein Schiff dieser Vogelinsel, das voll von grünen Schweinen ist. Angeblich kommen diese Schweine in friedlicher Absicht. Sie bringen Geschenke. Lullen die Vögel mit Konsumprodukten ein und veranstalten ein riesiges Untergaltungs-Event. So können sie aber heimlich den Vögeln die Eier stehlen und mit den Eiern verschwinden sie dann wieder auf ihre Insel zurück. Nun müssen, um die Eier zu retten, die Vögel die Schweine angreifen. Sie müssen also wütend werden, indem sie sich gegenseitig dann mit einer Schleuder auf die Stadt der Schweine schleudern lassen. Der Krieg beginnt.

Die Vögel sind so wie wir. Ja, aber wie sind denn die Schweine? Die sind auch so wie wir. Das sind keine fremden Invasoren, keine Kolonialherren. Die Schweine repräsentieren nur einen anderen Lebensstil. Der Krieg zwischen den Vögeln und den Schweinen ist kein Krieg zwischen Nationen oder fremden Kulturen. Es gibt hier viel mehr einen bürgerkriegsähnlichen Zustand. Hier prallen zwei Lebensstile aufeinander. Die Vögel leben ökologisch korrekt. Sie sind so etwas wie Linksliberale und sie sind geistige Konformisten. Also wer nicht optimistisch denkt, der muss therapiert werden, wie zum Beispiel Red und seine Kumpanen. Aber diese Vögel können nicht fliegen. Sie sind so etwas, wie Nietzsche meinte, die letzten Menschen. Die Schweine wiederum sind äußerlich konform. Sie sind uniform in der Form, dass sie alle grün sind, und sie sind technisch hoch aufgerüstet. Die Vögel lassen sich auch von dem technischen Fortschritt, von den kulturindustriellen Verlockungen gerne korrumpieren. Sie werden zu Opfern einer Spaßkultur. Nur so können ja dann die Schweine heimlich ihnen die Eier klauen. Doch die Schweine stehen hier eben nicht für das radikal Andere. Sie sind nur die andere Seite der selben Medaille. Ihr Lebensstil mag ein anderer sein. Vegetarier sind sie offenbar nicht. Doch eigentlich finden sie den selben Blödsinn toll, wie die Vögel. Das zeigt sich am Ende des Films. Wenn der Abspann beginnt, dann wird der Adler, auf den ich gleich noch komme, ein Lied singen. Die Vögel stimmen mit ein und tanzen herum, aber auch die Schweine und die machen sich so langsam an den Wiederaufbau ihrer zerstörten Stadt. Der Eierdiebstahl ist bloß ein Pseudo-Konflikt. Es geht hier um etwas ganz anderes.

Der einstige wütende Außenseiter Red hat plötzlich ganz viele Mitstreiter nach dem Eierdiebstahl. Jetzt sind alle Vögel wütend und legen auf brutale Weise die Stadt der Schweine in Schutt und Asche. Es kommt zu einer enormen Detonation, einer Atombombe gleich. Auch die Schweine werden zu schrecklichen Barbaren. Woher kommt nun plötzlich diese Wut? Es erinnert an die heutige Empörungskultur. Ein falsch verstandener Witz, ein lächerlicher Tweet, ein unsinniger Kommentar und schon ist man in einen Shitstorm geraten. Das sind die Reinigungsrituale einer Gesellschaft, beherrscht von dem Glauben, wenn der böse Twitterer Kommentator erst einmal weg ist - oft hat das ja auch personelle Konsequenzen - dann ist die Gesellschaft wieder sauber und anständig. Wie im Film zieht jeder seine Schleuder aus der Tasche und schießt die Schweine ab. Es geht wie in Angry Birds um Wut, nicht um Zorn, der viel politischer und zielgerichteter sein kann. Die Wut, von der Red und die anderen Vögel angetrieben sind, ist völlig destruktiv und sie entsteht offenbar gerade dort, wo eine heile Welt vorgegaukelt wird. Also eigentlich sind wir ja alle in Watte eingepackt und wir nehmen jedes Wort legen wir auf die Goldwaage und man ist da ganz vorsichtig und sensibel, aber wenn einer nicht so sensibel ist, dann geht sofort das Katapult hoch. Dann explodiert alles - wie im wahren Leben. Eben noch hörte man Volksmusik, gleich setzt man Hasskommentare gegen Flüchtlinge bei Facebook ab. Eben trank man Smoothies und machte den Morgengruß [Yoga-Stellung, wenn ich mich nicht irre] und gleich wird man den Twitterer eines Herrenwitzes am liebsten gleich hinrichten wollen. Wut ist hier etwas anderes als Zorn. Wut is blind, ein bloßes Ausagieren, reine Destruktion. Sigmund Freud hat sich damit auch schon beschäftigt in "Das Unbehagen in der Kultur". Menschen und Gesellschaften, sagt er, haben eine Aggressionsneigung. Er schreibt "es wird den Menschen offenbar nicht leicht auf die Befriedigung dieser ihrer Aggressionsneigung zu verzichten und sie fühlen sich nicht wohl dabei. Es ist immer möglich eine größere Menge von Menschen in Liebe aneinander zu binden, wenn nur andere für die Äußerung der Aggression übrig bleiben." Also es braucht dann immer noch ein Feind, gegen den man sich dann ganz vehement richten kann. Doch Freud warnt vor einer Eskalation. Eine solche könnte zu einer finalen Schlacht führen, wie wir das auch bei Angry Birds erleben können. Die Spieler reagieren ja auch dieses Spiels ihre Wut ab. Das hat eine gewisse gesellschaftliche Funktion und sie ist dabei auch noch äußerst zweckdienlich. Edward Snowden hatte herausgefunden, dass viele der persönlichen Daten, die bei Angry Birds gegeben werden müssen, direkt an die NSA weitergeleitet werden. Die Spieler von Angry Birds dienen also in zweifacher Weise dem System. Sie liefern persönliche Daten und sie reagieren sich ab, um anschließend wieder gut in der Gesellschaft funktionieren zu können.

Laut Freud neigt also der Mensch zur Aggression. Gerade im Hinblick auf die ist das beängstigend, schreibt Freud. Da heißt es: "Außer den Aufgaben der Triebeinschränkung, auf die wir vorbereitet sind, drängt sich uns die Gefahr eines Zustandes auf, den man das psychologische Elend der Masse benennen kann. Diese Gefahr droht am ehesten, wo die gesellschaftliche Bindung hauptsächlich durch Identifizierung der Teilnehmer untereinander hergestellt wird, während Führer-Individualitäten nicht zu jener Bedeutung kommen, die ihnen bei der Massenbildung zufallen sollte. Das ist natürlich eine problematische Aussage von Freud, dass er also sagt, Massen brauchen eigentlich eine Führer-Persönlichkeit, die das Ganze etwas kanalisiert. Dass das nicht in eben diese bürgerkriegsähnlichen Zustände führt. In Angry Birds gibt es ja eine solche Führer-Individualität, nämlich den Adler. Er ist der einzige Vogel, der fliegen kann. Er lebt aber zurückgezogen. Er wird von manchen Vögeln noch verehrt. Manche glauben aber gar nicht mehr an ihn. Er ist so etwas wie der Herrscher über alle. Aber, er ist ein Herrscher, der nicht mehr im Dienst ist. Hier wiederholt sich in Variationen ein Aspekt aus "Star Wars - das Erwachen der Macht". Daran gibt es ja auch eine große Sehnsucht danach, dass der Mythos wahr sein soll. Han Solo sagt, es ist alles wahr, einfach alles. Der Träger dieses Mythos ist Luke Skywalker. Er wacht über all dem, aber er ist in dem ganzen Film nicht präsent, bis er am Ende zu sehen ist. Ebenso wie der Adler, lebt er auf einem Berg zurückgezogen. Die Parallelen sind enorm. Wobei die Macher von Angry Birds Star Wars nicht gekannt haben. Aber das Spielt gar keine Rolle. Es geht hier viel mehr um das gesellschaftliche Phänomen. Wir haben es in beiden Filmen mit Gesellschaften zu tun, die sich nach einer Führung sehnen, die identitätsstiftend sein soll. Der nächste Star Wars wird dann zeigen, ob der Mythos nur eine blödsinnige Behauptung ist. In Angry Birds aber wird der Mythos entmythologisiert und der Adler als Führerfigur profaniert. Denn das erste, was der Adler macht als sie ihn endlich finden und er seinen großen Auftritt hat, er pinkelt in einen Teich und er entpuppt sich auch sonst als ein Idiot. Und später wird er sagen "Ja ich bin ja nur so ein Idiot und habe so idiotische Dinge getan, damit ihr merkt, dass ihr für euch selbst verantwortlich seid. Also der Adler sorgt selbst dafür, dass er zeigt, da gibt es keinen großen Anderen im Sinne von Lacan. Da ist keine Autorität. Das ist alles nur lächerlich. Das ist eine Fantasterei. Die Schweine haben zwar noch einen aktiven Führer, aber auch der entpuppt sich als Idiot. Das ist in dem Sinne eine demokratische Idee des Films, die Freud als problematisch ansieht. In der tat lastet alle Verantwortung auf den Vögeln selbst. Aber dieser Verantwortung sind sie nicht gewachsen und so kommt es zu dieser blinden Wut. Sie reagieren sich einfach ab. Das kommt dann zu dieser sinnlosen Zerstörung. Die Triebabfuhr hat auf beiden Seiten, bei den Schweinen und Vögeln, stattgefunden und nun beginnt alles wieder aufs Neue. Am Ende deutet sich dann im Film schon die Fortsetzung an. Wie in unserer Gesellschaft können die Schweine und die Vögel ihre Wut nicht in eine politische Form der Empörung im Widerstand gegen den Konformismus verwandeln. Sie agieren einfach wütend aus. Es müsste nicht so sein. Ich darf noch einmal an die Schrift "Empört euch!" von Stéphane Hessel erinnern, der im Alter von 93 Jahren sich an die Résistance in Frankreich zurückerinnert und er sagt deren Handeln kam eigentlich auch aus einem Gefühl der Empörung aber es wurde dann eben ein politisches Handeln und so müsste es wieder sein. Genau zu dem sind aber die Vögel und die Schweine nicht fähig. Der Film selbst bietet ja nur ein bloßes Abreagieren. Danach geht alles so weiter und wir schauen nur, aber wir sehen nicht.

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