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milenakow
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Die große Mehrheit der Deutschen verzehrt ungewollt gentechnisch veränderte Lebensmittel - etwa über Fleisch von Schweinen, die mit entsprechend verändertem Futter gemästet wurden. Bis zu 80 Prozent der Tiernahrung ist Genfood. Von Gisela Südbeck. STERN DE

"Gentechnik auf dem Teller - nein danke!" Dieser Meinung sind laut Umfragen rund 80 Prozent der in Deutschland lebenden Menschen. Deshalb zucken sie zurück, sobald ihnen Produkte mit Genfood-Kennzeichnung auffallen und deshalb werden diese in Deutschland auch so gut wie gar nicht angeboten. Konsumieren tun wir sie trotzdem - und das nicht, weil skrupellose Geschäftemacher uns betrügen. Nein, es sind keine kriminellen Machenschaften, die uns essen und trinken lassen, was wir nicht essen und trinken wollen, sondern die Nahrungskette: Kuh frisst Futter - Kuh gibt Milch - Milch wird verkauft. Dass das Futter gentechnisch verändert wurde - das steht nirgendwo. Darauf will Greepeace nun in breit angelegten Kampagne öffentlich aufmerksam machen.

Zwar müssen Futtermittel, die zu mindestens 0,9 Prozent aus gentechnisch veränderten Organismen (GVO) bestehen, seit April 2004 europaweit entsprechend gekennzeichnet werden. Die Transparenz für den Verbraucher endet allerdings, sobald dieses Futter im Trog liegt. Und das passiert hierzulande massenhaft und überall: Futtermittel enthalten häufig Rohstoffe aus gentechnisch veränderten Pflanzen, vor allem aus Soja, aber auch aus Mais, Raps oder Baumwolle. Auch die dem Futter beigemischten Zusatzstoffe und Enzyme werden mit Hilfe von gentechnisch veränderten Mikroorganismen hergestellt. Es ist längst schon Alltag in deutschen Mastställen, dass Hühner, Puten und Schweine genmanipulierte Soja und Rinder gentechnisch veränderten Mais fressen.

Gigantischer Verbrauch von Genmais
Greenpeace zufolge kann man zum Beispiel davon ausgehen, dass derzeit über 80 Prozent der deutschen Schweine zumindest teilweise mit gentechnisch veränderter Soja gemästet werden. Aufgrund von Handelsabkommen, Weltmarktpreisen und des hohen Proteingehalts spielt Soja unter den Futtermitteln eine herausragende Rolle. Sojaschrot ist wichtigstes Einzelfuttermittel der EU und deckt damit zirka 50 Prozent des Gesamtverbrauchs an eiweißhaltigen Futtermitteln.

Gen-Mais ist die einzige gentechnisch veränderte Pflanze, die in Europa kommerziell angebaut werden darf, auf wenigen Flächen und in nur wenigen EU-Ländern. Der Rest wird aus dem außereuropäischen Ausland importiert. Ohne diese Einfuhr von Futtermitteln in erheblichen Mengen könnte Europa die Produktion tierischer Lebensmittel gar nicht auf dem derzeitigen Niveau halten. Allein für den Verbrauch genmanipulierter Futtermittel in Deutschland müssten laut Greenpeace über eine Million Hektar Gen-Soja und Gen-Mais zum Beispiel in den USA und Argentinien angebaut werden. Dies entspräche in etwa der vierfachen Größe des Saarlandes.

Aufreger Gammelfleischskandal
Aus Sicht von Greenpeace und der Verbraucherschutzorganisation FoodWatch wird Gentechnik jeden Tag durch die Hintertür "Tierfutter" in unsere Nahrungskette geschmuggelt - und das gegen den Willen der Verbraucher und ohne ihr Wissen. Denn das Endprodukt, also Eier und Eiprodukte, Fleisch und Wurstwaren, Milch und Milchprodukte, landet als ganz normales und unbedenkliches Lebensmittel im Supermarktregal.

Dass dort nicht zwangsläufig alles auch wirklich von unbedenklich guter Qualität ist, weiß spätestens seit dem jüngsten Gammelfleisch-Skandal die halbe Welt. Deshalb ist der 8. Dezember 2006 für Verbraucherschutzminister Horst Seehofer auch rückblickend kein schöner Tag. Damals lehnte Bundespräsident Horst Köhler den Entwurf seines Verbraucherinformationsgesetzes (VIG) ab.

Köhler lehnte Gesetz ab
Mit diesem Gesetz, im Juni vom Bundestag und im September vom Bundesrat verabschiedet, wollte die Bundesregierung mehr Transparenz für Verbraucher schaffen. Der Gesetzestext sah vor, Behörden in die Pflicht zu nehmen, über Verstöße gegen geltendes Lebensmittelrecht die Öffentlichkeit zu informieren. Dazu zählen nicht nur Vorfälle wie Gammelfleisch-Skandale sondern auch Informationen zu Futtermitteln oder Kosmetika. Zugleich sollten Verbraucher die Möglichkeit erhalten, sich über Hersteller und Produkte bei Behörden kundig zu machen.

Und genau hier setzt die Kritik des Bundespräsidenten an: Köhler begründete seine Ablehnung mit der neuen Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern im Zuge der Föderalismusreform. Diese erlaube es nicht, dass der Bund den Kommunen bestimmte Aufgaben, hier generelle behördliche Informationspflichten, übertrage. Die Verpflichtung der kommunalen Behörden, Anträge nach dem Verbraucherinformationsgesetz auf Informationszugang zu prüfen, sei demnach eine von der Verfassung untersagte Aufgabenübertragung.

Nun muss das Gesetz nachgebessert werden. Wegen der Fristen der Gesetzgebung rechnen Experten aber erst nach dem Frühjahr 2007 mit einem neuen Entwurf.

Foodwatch spricht von Mogelpackung
Für FoodWatch war der Gesetzesentwurf von Anfang an eine Mogelpackung. Transparenz sei die wirksamste Waffe gegen schwarze Schafe in der Lebensmittelindustrie - Seehofers Gesetz strotze jedoch vor Ausnahmeregeln und Hintertürchen, kritisierte Foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode. Praktisch jede Auskunft könne von Behörden und Lebensmittelwirtschaft verweigert oder über Jahre hinausgezögert werden.

Die EU arbeitet inzwischen an einer Neuregelung der Kennzeichnung tierischer Lebensmittel. Bis es staatenübergreifend soweit ist, will die SPD eine bereits seit Jahren bestehende nationale Lösung vereinfachen - die in der neuartigen Lebensmittelverordnung festgelegte Positivkennzeichnung "gentechnikfrei". Dieses Label zu erlangen ist aber zurzeit noch so schwierig und aufwendig, dass es nirgendwo auftaucht. "Hier wollen wir eine praktikablere Ausgestaltung, damit die Anbieter gentechnikfrei erzeugte tierische Produkte kenntlich machen können", sagt Elvira Drobinski-Weiss, stellvertretende verbraucherpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, in einer offiziellen Stellungnahme von Ende Januar 2007. "Damit würde dann auch die Grundlage für die Wahlfreiheit der Verbraucher bei der konventionellen Produktion geschaffen."

Vom Saatgut bis zum Teller
Diese Forderung ist nicht ganz neu. Anfang Oktober 2006 wurde in deutschen Geschäften und europaweit gentechnisch veränderter Reis aus den USA gefunden. Damals veröffentlichte die SPD ein Flugblatt, in dem sie das Recht des Verbrauchers auf gentechnikfreie Nahrung fordert: "Deshalb muss die gentechnikfreie Lebensmittelerzeugung vor Verunreinigungen durch die Gentechnik geschützt werden. Und zwar vom Saatgut bis zum Endprodukt auf dem Teller."

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  • Gentechnisch veränderte Lebensmittel ( recorded by Sonjaconjota ), Western Germany

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    Die große Mehrheit der Deutschen verzehrt ungewollt gentechnisch veränderte Lebensmittel - etwa über Fleisch von Schweinen, die mit entsprechend verändertem Futter gemästet wurden. Bis zu 80 Prozent der Tiernahrung ist Genfood. Von Gisela Südbeck. STERN DE

    "Gentechnik auf dem Teller - nein danke!" Dieser Meinung sind laut Umfragen rund 80 Prozent der in Deutschland lebenden Menschen. Deshalb zucken sie zurück, sobald ihnen Produkte mit Genfood-Kennzeichnung auffallen und deshalb werden diese in Deutschland auch so gut wie gar nicht angeboten. Konsumieren tun wir sie trotzdem - und das nicht, weil skrupellose Geschäftemacher uns betrügen. Nein, es sind keine kriminellen Machenschaften, die uns essen und trinken lassen, was wir nicht essen und trinken wollen, sondern die Nahrungskette: Kuh frisst Futter - Kuh gibt Milch - Milch wird verkauft. Dass das Futter gentechnisch verändert wurde - das steht nirgendwo. Darauf will Greenpeace nun in breit angelegten Kampagnen öffentlich aufmerksam machen.

    Zwar müssen Futtermittel, die zu mindestens 0,9 Prozent aus gentechnisch veränderten Organismen (GVO) bestehen, seit April 2004 europaweit entsprechend gekennzeichnet werden. Die Transparenz für den Verbraucher endet allerdings, sobald dieses Futter im Trog liegt. Und das passiert hierzulande massenhaft und überall: Futtermittel enthalten häufig Rohstoffe aus gentechnisch veränderten Pflanzen, vor allem aus Soja, aber auch aus Mais, Raps oder Baumwolle. Auch die dem Futter beigemischten Zusatzstoffe und Enzyme werden mit Hilfe von gentechnisch veränderten Mikroorganismen hergestellt. Es ist längst schon Alltag in deutschen Mastställen, dass Hühner, Puten und Schweine genmanipulierte Soja und Rinder gentechnisch veränderten Mais fressen.

    Gigantischer Verbrauch von Genmais
    Greenpeace zufolge kann man zum Beispiel davon ausgehen, dass derzeit über 80 Prozent der deutschen Schweine zumindest teilweise mit gentechnisch veränderter Soja gemästet werden. Aufgrund von Handelsabkommen, Weltmarktpreisen und des hohen Proteingehalts spielt Soja unter den Futtermitteln eine herausragende Rolle. Sojaschrot ist wichtigstes Einzelfuttermittel der EU und deckt damit zirka 50 Prozent des Gesamtverbrauchs an eiweißhaltigen Futtermitteln.

    Gen-Mais ist die einzige gentechnisch veränderte Pflanze, die in Europa kommerziell angebaut werden darf, auf wenigen Flächen und in nur wenigen EU-Ländern. Der Rest wird aus dem außereuropäischen Ausland importiert. Ohne diese Einfuhr von Futtermitteln in erheblichen Mengen könnte Europa die Produktion tierischer Lebensmittel gar nicht auf dem derzeitigen Niveau halten. Allein für den Verbrauch genmanipulierter Futtermittel in Deutschland müssten laut Greenpeace über eine Million Hektar Gen-Soja und Gen-Mais zum Beispiel in den USA und Argentinien angebaut werden. Dies entspräche in etwa der vierfachen Größe des Saarlandes.

    Aufreger Gammelfleischskandal
    Aus Sicht von Greenpeace und der Verbraucherschutzorganisation FoodWatch wird Gentechnik jeden Tag durch die Hintertür "Tierfutter" in unsere Nahrungskette geschmuggelt - und das gegen den Willen der Verbraucher und ohne ihr Wissen. Denn das Endprodukt, also Eier und Eiprodukte, Fleisch und Wurstwaren, Milch und Milchprodukte, landet als ganz normales und unbedenkliches Lebensmittel im Supermarktregal.

    Dass dort nicht zwangsläufig alles auch wirklich von unbedenklich guter Qualität ist, weiß spätestens seit dem jüngsten Gammelfleisch-Skandal die halbe Welt. Deshalb ist der 8. Dezember 2006 für Verbraucherschutzminister Horst Seehofer auch rückblickend kein schöner Tag. Damals lehnte Bundespräsident Horst Köhler den Entwurf seines Verbraucherinformationsgesetzes (VIG) ab.

    Köhler lehnte Gesetz ab
    Mit diesem Gesetz, im Juni vom Bundestag und im September vom Bundesrat verabschiedet, wollte die Bundesregierung mehr Transparenz für Verbraucher schaffen. Der Gesetzestext sah vor, Behörden in die Pflicht zu nehmen, über Verstöße gegen geltendes Lebensmittelrecht die Öffentlichkeit zu informieren. Dazu zählen nicht nur Vorfälle wie Gammelfleisch-Skandale sondern auch Informationen zu Futtermitteln oder Kosmetika. Zugleich sollten Verbraucher die Möglichkeit erhalten, sich über Hersteller und Produkte bei Behörden kundig zu machen.

    Und genau hier setzt die Kritik des Bundespräsidenten an: Köhler begründete seine Ablehnung mit der neuen Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern im Zuge der Föderalismusreform. Diese erlaube es nicht, dass der Bund den Kommunen bestimmte Aufgaben, hier generelle behördliche Informationspflichten, übertrage. Die Verpflichtung der kommunalen Behörden, Anträge nach dem Verbraucherinformationsgesetz auf Informationszugang zu prüfen, sei demnach eine von der Verfassung untersagte Aufgabenübertragung.

    Nun muss das Gesetz nachgebessert werden. Wegen der Fristen der Gesetzgebung rechnen Experten aber erst nach dem Frühjahr 2007 mit einem neuen Entwurf.

    Foodwatch spricht von Mogelpackung
    Für FoodWatch war der Gesetzesentwurf von Anfang an eine Mogelpackung. Transparenz sei die wirksamste Waffe gegen schwarze Schafe in der Lebensmittelindustrie - Seehofers Gesetz strotze jedoch vor Ausnahmeregeln und Hintertürchen, kritisierte Foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode. Praktisch jede Auskunft könne von Behörden und Lebensmittelwirtschaft verweigert oder über Jahre hinausgezögert werden.

    Die EU arbeitet inzwischen an einer Neuregelung der Kennzeichnung tierischer Lebensmittel. Bis es staatenübergreifend soweit ist, will die SPD eine bereits seit Jahren bestehende nationale Lösung vereinfachen - die in der neuartigen Lebensmittelverordnung festgelegte Positivkennzeichnung "gentechnikfrei". Dieses Label zu erlangen ist aber zurzeit noch so schwierig und aufwendig, dass es nirgendwo auftaucht. "Hier wollen wir eine praktikablere Ausgestaltung, damit die Anbieter gentechnikfrei erzeugte tierische Produkte kenntlich machen können", sagt Elvira Drobinski-Weiss, stellvertretende verbraucherpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, in einer offiziellen Stellungnahme von Ende Januar 2007. "Damit würde dann auch die Grundlage für die Wahlfreiheit der Verbraucher bei der konventionellen Produktion geschaffen."

    Vom Saatgut bis zum Teller
    Diese Forderung ist nicht ganz neu. Anfang Oktober 2006 wurde in deutschen Geschäften und europaweit gentechnisch veränderter Reis aus den USA gefunden. Damals veröffentlichte die SPD ein Flugblatt, in dem sie das Recht des Verbrauchers auf gentechnikfreie Nahrung fordert: "Deshalb muss die gentechnikfreie Lebensmittelerzeugung vor Verunreinigungen durch die Gentechnik geschützt werden. Und zwar vom Saatgut bis zum Endprodukt auf dem Teller."

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